Cinematic Atmospheres: Towards a New Ecology of the Moving Image – CATNEMI

Interview

Worum geht es in Ihrem Projekt?

Kurz gesagt: Zentraler Forschungsgegenstand ist die Untersuchung filmischer Atmosphären. Ein Feld, das in jüngster Zeit immer mehr Beachtung in der Filmwissenschaft gefunden hat. Atmosphäre, das kennt jeder aus dem Alltag: zum Beispiel das Gefühl, wenn man von einer belebten Straße in eine Kirche geht. Oder die ruhige, andächtige Stimmung auf einer Beerdigung. Es ist ein Gefühl, was nicht aus uns heraus entsteht, sondern von unserer Umwelt auf uns einwirkt. Das Gleiche gilt für das Medium Film: Atmosphäre entspringt nicht nur unmittelbar aus der Geschichte des Films oder seinen Figuren; wir als Zuschauende erfahren sie auch durch die filmische Welt und wie wir diese durch Schnittmontage, Farbgebung, Kamerabewegungen und natürlich auch die Filmmusik vermittelt bekommen. Bei CATNEMI untersuchen wir nun, wie diese Operatoren unsere Filmwahrnehmung genau beeinflussen und vor allem auch, wie sie auf andere audiovisuelle Medien außerhalb des (Kino-)Films übertragen werden und uns dort begegnen. Man denke hier an Kontexte wie: Werbung, Sportberichterstattung (z. B. Zeitlupen beim Fußball oder der Formel 1) oder im großen Feld von Social Media (Instagram, Youtube, TikTok).

Warum ist es wichtig, dass das Projekt gerade aus EU-Mitteln gefördert wird?

Die Förderung im Rahmen eines ERC Starting Grant ermöglicht unserem Projekt, sich mit einem Team aus jungen, ambitionierten Wissenschaftler:innen zu profilieren und zu wachsen. Die EU stuft uns mit ihrer Förderung als eines ihrer high-risk high-gain Projekte ein und verleiht damit einem derzeit aufstrebenden Thema wie der Atmosphärenforschung auf globaler Ebene schlagartig eine immense Sichtbarkeit. Davon profitiert vor allem auch unser Team, da die EU mit dem ERC-Anforderungsprofil besonders in junge Wissenschaftler:innen investiert und ihnen einen nachhaltigen Karriereboost ermöglicht. Unser Projekt erstreckt sich über einen Zeitraum von 5 Jahren und gewährt dem Principal Investigator eine bemerkenswerte Flexibilität. Es bietet die Möglichkeit, neue Ansätze zu erproben und ermöglicht ein relativ hohes Maß an Freiheit bei der Ressourcennutzung. Als Teil des Forschungsteams gefördert werden u.a. zwei Post Docs und ein*e DoktorandIn.

Welche Relevanz hat Ihr Forschungsstandort für die Ausführung des Projekts?

Die Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF als Filmhochschule ist ein wunderbarer Standort für unser Projekt. Man hat uns hier mit großem Interesse aufgenommen. Besonders die Verschränkung von theoretischer Forschung und praxisbezogenem Filmemachen gibt uns hier einzigartige Möglichkeiten. So sind wir beispielsweise dabei, unsere Erkenntnisse in Form von Videoessays aufzubereiten und können dafür unmittelbar mit Expert:innen in diesem Feld zusammenarbeiten. Auch bestimmte Kamera- und Schnitttechniken, die für Atmosphäre im Film besonders beliebt sind, können wir uns aus erster Hand zeigen und veranschaulichen lassen. Damit kriegen wir auch einen Einblick in die technische Perspektive, die wir in unsere Forschung mit einbeziehen können. Nicht zuletzt zeigt sich das bereits in gemeinsamen Seminaren, in denen wir sowohl den Studierenden unsere Forschung nahebringen können, als auch von ihnen lernen, wie Atmosphäre im Film bereits beim kreativen Prozess des Filmemachens mitbedacht und als Instrument eingesetzt wird.

Wenn Ihr Projekt ein Songtitel wäre – welcher wäre das?

Grauzone: Eisbær

Interview mit Dr. Steffen Hven
Hven_Steffen_CATNEMI
Förderprogramm: European Research Council (ERC)
Forschungseinrichtung: Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF